Die Neuzeit
Die Neuzeit in Europa
(ab dem 16. Jh.):
Berühmtheit erlangten zunächst die französischen Weine. Seit
dem 16. Jahrhundert wurden zunehmend portugiesische (Portwein), spanische Weine
(Sherry) sowie ungarische Weine (Tokaj) bekannt.
Alle anderen Weine hatten nur lokale Bedeutung und wurden
meist nahe ihres jeweiligen Anbaugebietes konsumiert. Die Holländer, die von
den Engländern den Weinhandel in Aquitanien übernommen hatten, förderten nun
aufgrund ihrer erweiterten Märkte auch Cahors im Hinterland der Gironde. Von
hier aus machte ungefähr hundert Jahre lang der 'schwarze Wein' dem Bordeaux
ernste Konkurrenz. Ihres Hauptlieferanten beraubt, suchten die Engländer nach ‚Alternativen’
und fanden diese im Dourotal im Hinterland von Porto; aus dieser Handelsbeziehung
entstand hier der Portwein.
Seit den Raubzügen von Francis Drake (16. Jh.) kannten und
schätzten zudem die Briten auch die spanischen Weine aus dem Umland von Jerez
de la Frontera in Andalusien. Hier ist die Heimat des berühmten Sherry, der auf
spanisch "Jerez" heißt. Die Briten schätzten die Süße dieser Liköre
und verschifften sie problemlos nach überallhin im englischen Kolonialreich.
Ende des 17. Jahrhunderts tauchte der Champagner am Stern
des Weinhimmels auf. Die sog. "méthode champenoise", das Verfahren der
Flaschengärung zur Herstellung von Schaumwein, wurde dem Benediktinermönch Pierre
Pérignon, genannt Dom Pérignon, maßgeblich
mitentwickelt. Dieser vorher unbeachtete Wein wurde über Nacht der neue
Exportschlager Frankreichs. Etwas später suchten die Engländer neue Quellen und
wurden auf Sizilien bei Marsala fündig. Der Marsala Wein war der erste
italienische Wein von Weltruf.
Die Franzosen festigten im 19. Jahrhundert ihre
Vormachtstellung. Anlässlich der Weltausstellung von 1855 klassifizierten sie die
teuersten Gewächse des Médoc und machten somit, anhand der über Jahrzehnte
bekannten Verkaufserlöse eines Chateaus, die inoffizielle Wertung der Händler
öffentlich.
In den 1860er Jahre, zur Zeit der Einigung Italiens, machte der
Barolo zum ersten Mal von sich reden. Dieser den Weingärten des piemontesischen
Königshauses in und um Serralunga d'Alba entsprungener Wein galt schon seit
jener Zeit als König der Weine, Wein der Könige in ganz Italien anerkannt.
Heute zählt er unter Weinkennern neben dem Brunello und dem Amarone zu den
besten Rotweinen Italiens. Durch die Einigung Italiens wurde auch den
toskanischen Weinhändlern ein viel größerer Markt geboten, so dass in Italien die
Antinori und die Frescobaldi bald zu den größten ihrer Zunft gehörten. Auch einige
Handelshäuser mit dem Sitz im Veneto weiteten nun ihre Tätigkeit auf ganz
Italien aus. Aufgrund seiner völlig anderen Struktur blieb Süditalien noch sehr
lange ein Landstrich für billigen Massenwein, und auch die Qualität des Marsala
lässt kontinuierlich nach.
In der nordspanischen Rioja, am Fluß Ebro, wurden die ersten
Versuche mit aus Frankreich eingeführten Barriques gemacht (kleine Eichenfässer
in der Regel mit einem Volumen von 225 Litern), die allerdings erst im späten
20. Jahrhundert einen Rotweinboom in Spanien auslösen konnten.
Die Neuzeit im
Übersee:
In der neuen Welt werden seit einigen Jahrzehnten Weine
hergestellt. Die Reben aus Amerika eignen sich aber deutlich weniger zum
Weinbau, da ihr Geschmack vom sog. Fox-Ton beeinträchtigt wird (Geschmacks-
bzw. Geruchsnote von amerikanischen Wildreben, der Erinnerungen an einen
Fuchsbau oder ein nasses Fuchsfell weckt). Folglich werden die Reben aus Europa
in die ganze Welt verschifft.
Dennoch besteht auch der umgekehrte Trend. Immer mehr
Hersteller aus Übersee (Australien, Kalifornien, Chile, Südafrika, Argentinien)
drängen sich auf den Weinmarkt. Da ihre Qualität sich rapide entwickelte, kann
heute ihr Angebot vom qualitativen Aspekt her oftmals mit Europa mithalten.
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